Warum Investmentmanager nicht gerne die Technologie ändern

By Marc Schwarz
9 September 2019

Seit vielen Jahren steht die Finanzindustrie vor einem kritischen Problem: den überalterten Kernsystemen. Langsam, aber sicher wird es immer problematischer und dringender, diese Systeme zu ersetzen. Warum es keine Änderungen gibt, ist eine Frage, die sich die meisten von uns zu einer Zeit stellen, in der uns unbegrenzter Internetzugang, cloudbasierte Anwendungen, fast unbegrenzte Social-Media-Verbindungen, mobile Apps und so vieles mehr zur Verfügung steht. Wie ist es möglich, dass viele Banken, Asset- und Vermögensverwalter, Versicherungsgesellschaften und andere Finanzdienstleister noch an den alten Systemen festhalten?

Es gibt mehrere Gründe, warum keine Änderungen vorgenommen werden. Ein Beispiel dafür ist, dass die Interessenvertreter der alten Technologie ihre Systeme nicht ändern möchten, solange ihre Position mit dem bestehenden System sicher ist. Es ist bequemer, den Status quo zu erhalten und das nächste große Projekt einer anderen Person zu überlassen, anstatt flexibel oder innovativ zu sein. Schlüsselpersonen klammern sich an ihre Arbeit, reagieren abweisend, wenn ein neues System zur Diskussion steht, und vermeiden, das Neue und Unbekannte anzunehmen. Warum etwas ändern, wenn das alte System noch funktioniert? Warum sich dem Stress und den Problemen bei der Implementierung, Ersetzung des alten und Einführung des neuen, effizienteren Systems aussetzen, wenn man die gleichen Teams, die gleiche Anzahl Mitarbeiter und die Berater im Unternehmen behalten kann, um das bestehende System zu warten?

Ein weiterer Grund könnte sein, dass einige der Top-Führungskräfte nicht über vollständiges Wissen in Bezug auf den Workflow ihres Unternehmens verfügen. Ein Mangel an Verständnis dafür, wie das Front-, Middle- und Back-Office eines Unternehmens arbeitet, führt dazu, dass die langfristige Sichtweise eines soliden und zukunftssicheren Systems nicht berücksichtigt wird. Einige der IT-Systeme werden erneuert, aber nur in den Bereichen, die als „wichtig“ erachtet werden – oft erhält der Bereich mit den lautesten Fürsprechern oder mit dem wichtigsten Profil den Zuschlag –, oder es wird ein Bereich erneuert, um einen kurzfristigen Nutzen für den Endkunden zu erzielen. Man fragt sich, ob der Kunde eines großen Finanzinstituts nur eine schöne mobile App haben möchte oder ob er es tatsächlich begrüßen würde, wenn sein Finanzunternehmen für die nächste technologische Innovation bereit ist und sich schnell an Veränderungen anpassen kann.

Es ist leicht, sich dem Wandel zu widersetzen, aber es ist viel schwieriger, den Mut und die Vision aufzubringen, sich für die Zukunft aufzustellen. Wie bereits erwähnt, gibt es viele Gründe für Widerstand: Angst vor einer Störung des Status quo, Arbeitsplatzsicherheit auf der Grundlage des aktuellen Wissens und Ungewissheiten, die sich aus Veränderungen ergeben. Ein Mangel an Ressourcen kann auch als Geschäftsgrund gelten, ebenso können Gerüchte über Fusionen und Übernahmen oder einfach Ablehnung Teil des Spiels sein.

Regulatorische Herausforderungen haben dazu geführt, dass die Finanzbranche einen großen Teil ihrer IT-Ausgaben für die Sicherstellung von Compliance tätigt. Diese Herausforderungen hätten zu einer Verbesserung der Kernsysteme führen können. Aktionäre und Verwaltungsratsmitglieder werden diesen regulatorischen Druck als einen der Gründe dafür anführen, dass die Margen eingeschränkt sind. Die Investitionen in Compliance geraten immer mehr außer Kontrolle. Warum nicht das System von unten nach oben ändern, anstatt nur kleinteilige Lösungen für jeweils ein Problem zu finden?

Könnte es sein, dass einige der Top-Führungskräfte für langfristige Überlegungen nicht zu haben sind? Möglicherweise ist der Shareholder-Value wichtiger als die Sicherung des Überlebens des Unternehmens für das nächste Jahrhundert. Es fehlen Manager mit Mut und einer auf Langfristigkeit angelegten Sicht, die nicht nur an die nächsten 2-3 Jahre denken. Es fehlt die soziale Verantwortung, sich um ein Unternehmen, seine Kunden, Mitarbeiter usw. zu kümmern und nicht nur für eine schnelle Rendite zu sorgen.

Veränderungen müssen von innen kommen, von Führungskräften und Gruppenleitern. Sie benötigen außerdem Unterstützung von den Aktionären. Benötigt wird die altmodische Denkweise eines Unternehmenseigentümers, eines Patriarchen, der etwas für die nächste Generation aufbauen und hinterlassen möchte und nicht nur für die nächsten 2-3 Jahre, sondern auch für die nächsten 5-10 Jahre und darüber hinaus plant. Jemand mit einer Vision und dem Wissen, dass Rom nicht an einem Tag erbaut wurde. Jemand mit einer Vision, der weiß, dass ein Haus auf einem starken Fundament gebaut werden muss, bevor man es erweitern und vergrößern kann.

Immer mehr Manager verstehen, dass sie zuerst die Kerninfrastruktur ändern müssen, bevor sie Technologien ändern, ergänzen oder einführen können. Wenn sich diese Manager nicht auf die neuen Technologien einlassen, werden sie in dieser schnelllebigen Branche zurückbleiben. Wir alle müssen Verantwortung übernehmen und von systemisch wichtigen Branchen fordern, dass ihre jeweilige Technologie sicher und auf dem neuesten Stand ist.